Geschichte und Entwicklung der Erbschaftsteuer

  • Die Erbschaftsteuer soll eine der ältesten Steuern sein, die in der Geschichte nachweisbar sind. Sie wurden nach dem Tode entweder unmittelbar vom Nachlass genommen oder bei den Erben erhoben. Entsprechende Abgaben sind bereits im Alten Ägypten 117 v. Chr. und im Römischen Reich nachgewiesen.
  • Für Deutschland wurden im Jahr 1873 Grundlagen für die Erhebung von Erbschaftsteuern durch den Preußischen Staat – gefolgt von weiteren Ländern – erlassen. Nach der Einführung der im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 verankerten Vereinheitlichung des Erbrechts wurde nach dem Vorbild des preußischen Erbschaftsteuergesetzes ein Reichserbschaftsteuergesetz erlassen, welches Ehegatten und Kinder von der Besteuerung des Erbes ausnahm. In der Folge wurde die Erhebung der Erbschaftsteuer unter teilweiser Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen, der Bildung von Steuerklassen mit je nach Verwandtschaftsgrad progressiv ansteigenden Steuersätzen von einer Vielzahl Gesetzesänderungen begleitet.
  • Seit der Änderung des Erbschaftsteuergesetzes 1955 werden Ehegatten generell zur Erbschaftsteuer veranlagt. Die Last für Ehegatten und Kinder wurde in der Folgezeit durch Anhebung der Freibeträge zunächst mehrmals gemindert, dann aber im Jahr 1974 unter der sozialliberalen Koalition drastisch erhöht, wodurch nahezu eine Verdoppelung des Erbschaftsteueraufkommens erreicht wurde.
  • Maßgeblich für die neuerliche Regelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer war der Beschluss des BVerfG vom 22.06.1995, mit dem das Gericht die Praxis eines Zuschlags von 40 % zu den Einheitswerten als Bemessungsgrundlage für die Steuererhebung verworfen hatte.
  • Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1997 zwischen Bundestag und Bundesrat getroffenen Kompromisse zur Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken sowie von Erbbaurechten kamen aufgrund des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs vom 22.05.2002 erneut auf den Prüfstand und führten zu der Entscheidung des BVerfG vom 07.11.2006.
  • Nach dem Entscheidungstenor des BVerfG genügte die an Steuerwerte anknüpfende Erhebung der Erbschaftsteuer im Verhältnis zu sonstigen vererbten Vermögen nicht den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ziel der Entscheidung des BVerfG sollte also sein, dass der Vermögenszuwachs von Geld oder von Wirtschaftsgütern bei Erben und Beschenkten über einen einheitlichen Bemessungswert (Geldwert) verfügt und der Substanzwert von Grundstücken nach einem bei Veräußerung unter objektivierten Bedingungen erzielbaren Preis (Verkehrswert) zu bemessen ist.
  • Die Grundsatzentscheidungen des BVerfG führten bei den gesetzgebenden Organen zu Erkenntnis und Willen, die sich hier bietende Gelegenheit zu nutzen, die Einnahmen aus der Besteuerung vererbten und verschenkten Vermögens in beträchtlichem Umfang zu mehren.
  • Aus dem Regierungsentwurf zur Änderung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes erwuchs eine ganze Kette von Gesetzesbestimmungen und Verordnungen.
  •  

    Änderung des Bewertungsgesetzes:

  • allgemeine typisierende Bewertung (im Regelfall keine Verkehrswertermittlung)
  • gemeiner Wert als Richtschnur für die Wertermittlung
  • Bewertung unbebauter Grundstücke nach der Fläche und den Bodenrichtwerten
  • Bewertung bebauter Grundstücke differenziert nach
  • Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke im Sachwertverfahren
  • Mietwohn- und geringfügig gemischt genutzte Grundstücke im Ertragswertverfahren
  • Wohnungs- und Teileigentum im Vergleichsverfahren
  • Geschäfts- und überwiegend gemischt genutzte Grundstücke im Sachwertverfahren
  • gesonderte Wertermittlung für Erbbaurechte und Gebäude auf fremdem Grundstück
  • Öffnungsklausel zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (Verkehrswert), wenn dieser vom Steuerpflichtigen nachgewiesen wird
  •  

    Änderung des Baugesetzbuchs:

  • Ermittlung sonstiger für die Wertermittlung erforderlicher Daten durch Gutachterausschüsse
  • flächendeckende Ermittlung von Bodenrichtwerten durch Gutachterausschüsse und die Bildung von Richtwertzonen
  • Vereinheitlichung von Datengrundlagen für die Wertermittlung
  • Sämtliche Empfehlungen des federführenden Finanzausschusses des Deutschen Bundestages wurden in das Gesetz übernommen wurden.
  •  

    Weitere Änderungen von Gesetzen und Verordnungen erfolgten, wie z. B.
    - Bodenrichtwertlinie - BRW-RL
    - Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV
    - Normalherstellungskosten 2010
    - Sachwertrichtlinie die in ihren Auswirkungen mittelbare oder unmittelbare Auswirkungen auf die Bewertung des Grundvermögens in Erbschaft- und Schenkungsteuerfällen bewirken.

     

    Anmerkung

  • Für Erben und Beschenkte hat die im Bewertungsgesetz § 198 verankerte Öffnungsklausel zum "Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts" besonderes Gewicht. Sie ermöglicht den Betroffenen den niedrigeren Wert des Grundvermögens nachzuweisen und führt damit zur Verringerung von an das Finanzamt zu zahlenden Erbschaft- bzw. Schenkungsteuern.
  •